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Erbvorbezug – die Kinder unterstützen
Man gibt besser mit warmen Händen – diese Redewendung gilt heute mehr denn je. Denn aufgrund der steigenden Lebenserwartung fallen Erbschaften häufig erst dann an, wenn die Erben selber bereits im Pensionsalter sind und das Geld vielleicht gar nicht mehr brauchen. Viele Eltern überlegen sich deshalb, einen Teil ihres Vermögens schon zu Lebzeiten weiterzugeben – an die Tochter, die ein eigenes Geschäft aufbaut, oder den Sohn, der ein Haus kaufen möchte.
Ausgleichungspflicht – beim Erben wird abgerechnet
Das Gesetz geht davon aus, dass Eltern ihre Kinder gleichermassen berücksichtigen wollen. Deshalb muss ein Nachkomme, der einen Erbvorbezug erhalten hat, diesen bei der Erbteilung ausgleichen. Das heisst, er erhält dann entsprechend weniger.
Marianne S. hat von ihren Eltern 200 000 Franken als Erbvorbezug erhalten, um sie in ihre Marketingagentur zu investieren. Ihr Bruder hat nichts erhalten. Als die Eltern sterben, ist noch ein Vermögen von 100 000 Franken vorhanden. Und so wird gerechnet:
Nachlassmasse beim Tod | Fr. 100 000.– |
Erbvorbezug der Tochter | Fr. 200 000.– |
Total Teilungsmasse | Fr. 300 000.– |
Davon hat jedes Kind die Hälfte, also 150 000 Franken, zugut. Der ganze Nachlass geht an den Bruder und Marianne S. muss ihm noch 50 000 Franken bezahlen.
Wenn Sie als Eltern dies nicht wollen, können Sie den Beschenkten schriftlich von der Ausgleichungspflicht befreien – in Ihrem Testament oder auch in einem separaten Dokument (siehe unten). Gegen diese Anordnung können sich die anderen Erbinnen und Erben nicht wehren, es sei denn, ihre Pflichtteile werden dadurch verletzt. Dann können sie wenigstens diesen Betrag herausverlangen (die Pflichtteile finden Sie hier).
Die Eltern von Marianne S. haben ihre Tochter schriftlich von der Ausgleichungspflicht befreit. Damit wird bei der Erbteilung anders gerechnet:
Teilungsmasse | Fr. 300 000.– |
Pflichtteil des Bruders: 1/4 (1/2 seines Erbteils von 1/2) | Fr. 75 000.– |
Von den vorhandenen 100 000 Franken erhält der Bruder 75 000 Franken, Marianne den Rest. Sie hat also letztlich 150 000 Franken mehr erhalten als er.
Befreiung von der Ausgleichungspflicht
«Für den Aufbau ihrer Marketingagentur übergeben wir unserer Tochter den Betrag von 200 000 Franken. Wir entbinden sie von der Ausgleichungspflicht.»
Bei Erbvorbezügen in Geldform ist die Situation meist recht klar. Anders sieht es aus, wenn eine Liegenschaft als Erbvorbezug weitergegeben wird. Da wird oft darüber gestritten, welcher Wert denn nun bei der Erbteilung gelten soll. Mehr dazu lesen Sie unter «Ihre Wohnsituation nach der Pensionierung».
Was bedeutet ein Erbvorbezug für Ihre Finanzen?
Vor allem wenn Eltern ein beträchtliches Vermögen besitzen, ist es auch steuerlich interessant, schon zu Lebzeiten einen grösseren Betrag an die Nachkommen weiterzugeben. Zwar müssen diese die Summe dann als Vermögen versteuern, doch da sie vermutlich weniger Vermögen besitzen als die Eltern, kann diese Belastung tiefer ausfallen.
Kommen die Eltern allerdings später in finanzielle Schwierigkeiten – zum Beispiel weil sie im Pflegeheim leben –, kann sich der Erbvorbezug nachteilig auswirken. An sich haben AHV- oder IV-Rentner, die ihren Lebensunterhalt nicht mehr selber bestreiten können, Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL), sobald sie ihr Vermögen bis zu einem gewissen Freibetrag aufgebraucht haben. Doch verschenktes Vermögen – und als das gilt ein Erbvorbezug – wird angerechnet, als ob es noch vorhanden wäre. Das kann zur Folge haben, dass man keine Ergänzungsleistungen erhält, obwohl man das Geld nicht mehr zur Verfügung hat.
Und die Kinder?
Eines ist klar: Einen Erbvorbezug kann man nicht wieder rückgängig machen und das Geld zurückfordern. Trotzdem können auch die Kinder unter Umständen zur Kasse gebeten werden, wenn ihre Eltern in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Erhalten diese nämlich wegen des Vermögensverzichts keine Ergänzungsleistungen und sind sie auf Sozialhilfe angewiesen, wird die Gemeinde von Nachkommen, die «in günstigen Verhältnissen» leben, finanzielle Unterstützung einfordern (Verwandtenunterstützungspflicht).
So läuft beim Erbvorbezug alles richtig
Transparenz ist das Wichtigste, wenn Sie sich überlegen, Ihrem Sohn, Ihrer Tochter schon zu Lebzeiten einen grösseren Betrag zukommen zu lassen. Informieren Sie alle Ihre Kinder und auch Ihre Ehefrau, Ihren Gatten über die Zuwendung und die Bedingungen. Das verhindert Misstrauen und späteren Erbenstreit. Beachten Sie zudem folgende Punkte:
- Halten Sie bei solchen Zuwendungen immer schriftlich fest, ob und in welchen Umfang sie bei der späteren Erbteilung ausgeglichen werden müssen.
- Holen Sie juristischen Rat ein, wenn Sie ein Grundstück oder eine Liegenschaft auf einen Nachkommen übertragen wollen.
- Analysieren Sie Ihre Vermögenslage nach dem Erbvorbezug. Was Sie in Ihrem Erwerbsleben erspart haben, soll in erster Linie dazu dienen, Ihnen ein sorgenfreies Alter zu garantieren.
- Gewähren Sie einem Nachkommen eventuell statt eines Erbvorbezugs ein (zinsloses) Darlehen. Dieses können Sie in einer Notlage wieder zurückfordern.
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